Günther steht im Fokus der Kritik

Grünen-Klimaschutzsenatorin macht aus Sicht von Initiativen zu wenig für die Wärmewende

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Ursprünglich war Klimaschutzsenatorin Regine Günther eine von ihnen. 16 Jahre leitete die Grünen-Politikerin das Klima- und Energiereferat von WWF Deutschland und war damit in vorderster Reihe in Sachen ambitionierter Klimaschutz unterwegs. Da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass die heutige Klimaschutzsenatorin Günther wahrscheinlich hinter die Klimaziele zurückfallen wird, die sie einst forderte.

Und aus dieser Perspektive ist es wenig verwunderlich, dass die klimaschutz- und umweltpolitischen Initiativen in der Stadt mit der Umsetzung des Senats auf diesem Gebiet unzufrieden sind. Aktuell macht sich die Kritik vor allem an der Machbarkeitsstudie zum Kohleausstieg fest. Diese wurde in den vergangenen zwei Jahren diskutiert und vom Büro für Energiewirtschaft und technische Planung aus Aachen erstellt - maßgeblich im Auftrag des Senats und des Energiekonzerns Vattenfall, der in Berlin das Wärmenetz betreibt.

»Am Ende ist das rausgekommen, was man sowieso vor hatte«, kritisiert Kerstin Dörenbruch von Greenpeace Berlin, die mit im Begleitkreis der Machbarkeitsstudie saß. Die Initiativen, die sich im »Bündnis Kohleausstieg Berlin« zusammengeschlossen haben, begrüßen zwar, dass Berlin bis spätestens 2030 aus der Steinkohleverbrennung aussteigen will, aber dass nun als Alternativen Gas- und Müllverbrennung genutzt werden sollen, lehnen sie ab. Um nicht nur zu meckern, sondern selber alternative Möglichkeiten aufzuzeigen, hat das Kohleausstiegsbündnis jetzt die Ergebnisse eines eigenen Gutachtens vorgestellt. Die Frage der Untersuchung: Wie kann der Kohleausstieg und die Reduzierung von CO2-Emissionen in der Hauptstadt gelingen, ohne dass das Land Berlin Eigentümer des Fernwärmenetzes ist?

Das im Auftrag des Bürgerbegehren Klimaschutz erstellte Gutachten kommt zu dem Schluss, dass es insgesamt vier Varianten gebe, um dieses Ziel zu erreichen. So könnte das Land Berlin über ein Landesgesetz Sondernutzungsgebühren vom Betreiber für die Inanspruchnahme der Straßen und Wege entsprechend des CO2-Gehaltes des Fernwärmenetzes erheben. Auch durch die Anwendung von Klimaschutzkriterien ließe sich die Nutzung von Kohlekraftwerken indirekt einschränken, heißt es. Keine juristischen Bedenken sahen die Gutachter auch bei den Varianten, über ein Landesgesetz einen Grenzwert für zulässige CO2-Mengen im Fernwärmenetz vorzuschreiben oder dem Betreiber des Netzes eine Quote von erneuerbar zu produzierender Wärme landesgesetzlich aufzuerlegen.

»Aus den Gutachten ist es ersichtlich, dass es Möglichkeiten für ein erneuerbares Wärmegesetz gibt«, erklärt Eric Häublein vom Kohleausstiegs-Bündnis. Die Initiativen fordern vom Senat zudem, dass er über die Ergebnisse der eigenen Machbarkeitsstudie hinaus weitere Potenzialstudien durchführt, um dezentrale Wärmeerzeuger in Berlin zu identifizieren. Außerdem solle er die energetische Sanierungsoffensive endlich in Gang bringen. »Wir wünschen uns, dass ein Fahrplan für energetische Sanierungen aufgestellt wird«, sagt BUND-Vorstandsmitglied Julia Epp,

Die Kritik der Initiativen wird unmittelbar vor der Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie zum Kohleausstieg laut, die der Senat am kommenden Montag erneut vorstellen will. Die Umwelt- und Klimagruppen planen zu dem Termin Proteste, zu denen neben dem Bündnis Kohleausstieg Berlin auch Fridays-for-Future-Gruppen und die Gruppe Klimanotstand Berlin stoßen sollen. Eric Häublein: »Der Senat hat sich mit der Studie über den Tisch ziehen lassen.« Wenn man ernsthaft CO2 reduzieren wolle, brauche es weitreichende Lösungen.

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